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Warum Dehnen bei Wadenzerrungen wenig hilft

Zerrungen in der Wade ist Dehnen eher nicht zu empfehlen.
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Kim Van Deventer
Oct 12, 2023
Medizinisch geprüft von
Maryke Louw
Bei Zerrungen und Rissen in der Wade ist Dehnen nicht immer das wirksamste und beste Mittel. Hier kommen einige Alternativen zur Behandlung.

Hilft es bei Zerrungen oder Muskelrissen, die Wade zu dehnen? Die Kurzversion lautet: Vielleicht, aber wir wissen es noch nicht genau. Die wissenschaftlichen Studien geben bisher keine eindeutigen Antworten.

Als Experten für Reha-Programme bei Sportverletzungen entscheiden wir mithilfe wissenschaftlich fundierter Daten und unserer eigenen klinischen Erfahrung, was für unsere Patienten am besten ist.

In der ersten Zeit nach einem Muskelfaserriss solltest du auf keinen Fall Dehnübungen machen, weder als Einzelbehandlung noch aufgeteilt über mehrere Trainingseinheiten. In diesem Artikel erklären wir, warum.

Nicht zu früh dehnen nach Wadenzerrung

In der ersten Zeit nach einem Muskelfaserriss solltest du auf keinen Fall Dehnübungen machen, weder als Einzelbehandlung noch aufgeteilt über mehrere Trainingseinheiten.

Beim Thema „Wadenzerrung und Dehnen“ sind sich die Wissenschaftler nicht einig

Es ist leider nicht eindeutig bewiesen, dass alle Arten von Dehnungen bei jedem Menschen gleich wirksam sind. Darüber hinaus gibt es auch keine Hinweise darauf, ob bei Muskelverletzungen wie z. B. Zerrungen und Rissen der Muskeln in der Wade Dehnen hilft.

Unzählige Studien sprechen für das Dehnen bei Wadenzerrungen , aber es gibt auch eine große Zahl an Studien, die dagegen sprechen. Außerdem beschreiben die verschiedenen Studien sehr unterschiedliche Wirkungen.

Daher können wir nicht klar sagen „Dehnen ist gut“ oder „Dehnen ist schlecht.“ Ob es hilft oder nicht, ist individuell verschieden und wir beraten jeden Patienten einzeln.

Deshalb haben wir auch den Behandlungsplan der Exakt Health App so gestaltet, dass er in jeder Heilungsphase deiner Wadenzerrung verschiedene Arten von Dehnungen vorschlägt.

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Dehnen ist nicht gleich Dehnen

Verschiedene Dehnungen wirken unterschiedlich auf das Gewebe, sodass es sinnvoll sein kann, verschiedene Dehnungsarten zu kombinieren.

Da die Forscher sich jedoch so uneins sind, ist es schwierig herauszufinden, mit welchen Dehnungstechniken du den gewünschten Effekt erzielen kannst. Zu den häufigsten Dehnungstechniken im Sport gehören:

Statisches Dehnen

Der Klassiker: „Stelle dich 30-60 Sekunden auf die Zehenspitzen, komm wieder runter und dann das Ganze nochmal“.

Statisches Dehnen soll:

  • Die Mobilität verbessern
  • Muskelverspannungen lösen
  • Entkrampfen

Dynamisches Dehnen

Bei dieser Dehnungsart bewegst du einen Muskel und ein Gelenk mehrmals durch einen bestimmten Bewegungsradius.

Dynamisches Dehnen soll:

  • Die Durchblutung und die Kerntemperatur steigern
  • Die Nerven in Muskeln und Gelenken anregen, die mit dem Gehirn kommunizieren

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Zerrung in der Wade: Dehnen sorgt für mehr Beweglichkeit

Dynamische und statische Dehnungen wirken möglicherweise weniger auf das Muskelgewebe selbst, sondern hauptsächlich auf das Bindegewebe um die Muskeln herum und auf die Nerven. Und diese Wirkung hält nicht lange an.

Belegt ist, dass Dehnen (vor allem statisches Dehnen) beweglicher macht, weil es die Dehnungstoleranz erhöht (d. h. der Körper kommt mit den Dehnungen besser zurecht).

Regelmäßiges Dehnen macht also beweglicher, weil sich das Dehnen besser anfühlt und nicht, weil die Muskeln dadurch länger werden, wie man früher glaubte..

Eine Zerrung in deiner Wade kann sich durch passives Dehnen verschlimmern, wenn du die Dehnübungen zu früh einsetzt.

Bei einer Zerrung oder einem Muskelriss in der Wade kann Dehnen mehr schaden als nützen

Vielen ist nicht bewusst, dass die Muskelfasern bei Muskelzerrungen und Muskelrissen in der Wade über ihre Belastungsgrenzen hinaus gedehnt werden und tatsächlich auseinander reißen. Die Folge sind Einblutungen in den Muskel, Schmerzen und Entzündungen sowie Funktionsschwäche.

Diesen überlasteten Bereich noch zusätzlich zu dehnen, schädigt das Gewebe noch mehr und die Heilung dauert noch länger. Bevor du deinen Wadenmuskel zusätzlich belasten kannst, braucht er Zeit zum Verheilen.

Deine Wade muss erst heilen

Wadenmuskel gezerrt oder gerissen? Dehne deine Wade niemals, solange sie noch schmerzt oder entzündet ist.

Sicherer als Dehnen sind leichte Bewegungsübungen für Fuß, Knöchel und Knie, sobald der Schmerz und die Entzündung abgeklungen sind.

Gut eignen sich hier Fußkreisen, Auf- und Abbewegen der Zehen sowie Beugen und Strecken des Knies, wenn es der Schmerz zulässt.

Diese Übungen sorgen für Bewegung in Fuß, Fußgelenk und Knie. Das ist ein entscheidender Heilungsfaktor. Außerdem regt es die Durchblutung der Wadenmuskulatur auf natürliche Weise an, ohne das Gewebe zu belasten.

Bei Wadenzerrungen helfen exzentrische Übungen viel besser als Dehnen

Dein Reha-Programm sollte (neben vielen anderen Dingen) vor allem Beweglichkeit, Kraft und Kontrolle in deiner Wade verbessern.

Was davon erreichst du mit statischen oder dynamischen Dehnübungen? Vielleicht mehr Beweglichkeit. Sonst nichts.

Gibt es einen besseren Weg, alle drei Ziele zu erreichen, als einfach zu dehnen und zu hoffen?

Ja! Mit exzentrischem Training.

Exzentrische Übungen

Statt Dehnen: Exzentrische Übungen gegen Wadenzerrungen.

Was sind exzentrische Übungen?

So nennt man Übungen, bei denen der Muskel während des Anspannens länger wird.

Das passiert zum Beispiel, wenn du deine Ferse über eine Kante hängen lässt. Beim Absenken der Ferse wird dein Wadenmuskel aktiviert und verlängert sich (gedehnte Position).

Wenn du die Ferse hochziehst und dich auf die Zehenspitzen stellst, wird der Wadenmuskel wieder aktiviert, aber diesmal wird er kürzer. Das nennt man konzentrische Kontraktion.

Warum eignen sich exzentrische Übungen besser als Dehnen für die Muskelheilung und um Verletzungen vorzubeugen?

Kraftübungen dienen zum Aufbau von Muskeln. Sie regen die Bildung neuer Muskelzellen an, die in der Richtung der wirkenden Kraft verlaufen.

Durch exzentrische Übungen entstehen neue Muskelzellen in Längsrichtung. Der Muskel wird länger.

Der Vorteil gegenüber bloßem statischem oder dynamischen Dehnen besteht darin, dass der Muskel gleichzeitig gestärkt und gedehnt wird. (Und diese Dehnung verbessert die Beweglichkeit genauso gut wie statisches Dehnen!)

Exzentrisches Training steigert:

  • Die Länge der Muskelfasern (der Muskel wird länger)
  • Die Beweglichkeit (der Bewegungsradius der Gelenke wird größer)
  • Die Kraft (über den gesamten Bewegungsradius hinweg wird mehr Kraft erzeugt)

Warum ist das wichtig für die Reha und die Heilung von Verletzungen?

Wer Muskeln dehnt, ohne sie zu stärken, wird anfällig für Verletzungen.

Die Verlängerung des Wadenmuskels bei gleichzeitiger Stärkung des neuen Gewebes verbessert Bewegungskontrolle und Koordination in diesem neuen Bereich. Im Ergebnis steigt die Leistung und das Verletzungsrisiko sinkt.

Bei einer Zerrung in der Wade kann reines Dehnen allein zwar helfen, den Bewegungsradius zu vergrößern, aber es stärkt die neuen Muskelzellen nicht. Das ist so, als würde man Eisenbahnschienen ohne Schwellen verlegen.

Vorteile von exzentrischen Übungen

Der Vorteil gegenüber bloßem statischem oder dynamischen Dehnen besteht darin, dass der Muskel gleichzeitig gestärkt und gedehnt wird.

Dehnen vs. exzentrische Übungen

Im Vergleich zu statischen und dynamischen Dehnübungen bietet exzentrisches Training folgende Vorteile:

  • Verbesserte Muskelfunktion – Die neue Muskelstruktur steigert die Leistung (die Muskeln werden durch das Training länger und stärker und Kontrolle und Koordination werden besser).
  • Zeitersparnis – Durch das „2-in-1“-Training erreichst du dieselbe Beweglichkeit in kürzerer Zeit.
  • Langzeitwirkung – Durch die Veränderung der Gewebestrukturen hält die Trainingswirkung länger an. Falls sie nachlässt, geschieht das nur sehr langsam.

Sollte ich bei so vielen Vorteilen nur noch exzentrische Übungen machen und mit dem Dehnen ganz aufhören?

Nein. Bei der Sport-Reha gibt es nicht nur Schwarz oder Weiß. Stattdessen solltest du die Vor- und Nachteile abwägen und die optimale Kombination aus Dehnübungen und anderen Trainingsmethoden für dich selbst finden.

Hier sind ein paar Beispiele:

  • Wenn du nach einer Wadenzerrung Kraft aufbauen UND deine Beweglichkeit steigern möchtest, können exzentrische Übungen der schnellere Weg sein.
  • Wenn du deine Beweglichkeit steigern und dabei Verspannungen lösen oder den Wadenmuskel entkrampfen möchtest, sind statische Dehnungen nach dem Training möglicherweise besser geeignet. Halte die Dehnposition 30 bis 60 Sekunden lang. Lass dann wieder locker und und wiederhole das Ganze 3 bis 5 Mal nach jeder Trainingseinheit. Das ist jedoch nur in den späteren Phasen der Reha sinnvoll.
  • Wenn du die Wadenmuskeln aufwärmen und auf das Training vorbereiten möchtest, sind sportartspezifische Bewegungen und aktive Dehnungen das Mittel der Wahl. Einigen Studien zufolge können schnelle, dynamische Dehnungen, die mehr als 2 Minuten vor einer Aktivität durchgeführt werden, die Leistung bei dieser Aktivität steigern.
  • Wenn du beide Dehnungsarten in deinem Aufwärmprogramm kombinieren möchtest, solltest du die statischen vor den dynamischen Übungen absolvieren. Statisches Dehnen wirkt sich negativ auf Kraft und Leistung aus. Halte statische Dehnpositionen maximal 30 Sekunden, um diesen Effekt so gering wie möglich zu halten.

Dehnen sollte individuell erfolgen

Heute wird anders gedehnt als früher.

Waden-Dehnung auf Stufe

Während man früher oft hörte, dass Dehnungen immer erforderlich seien und allen Patient*innen dieselben Dehnübungen verordnet wurden, folgt man heute mehr und mehr einem optionalen und individuelleren Ansatz. Die Dehnübungen werden an die Heilungsphase, die Art der Aktivität und an das Trainingsniveau angepasst sowie an die vor der Verletzung vorhandenen Fähigkeiten.

Wer z. B. schon sehr früh nach einer erlittenen Wadenzerrung mit Dehnübungen beginnt, braucht am Ende seiner Reha andere Dehnübungen als am Anfang.

Außerdem sind die Dehnübungen vor dem Laufen andere als danach. Und wer sich auf ein Sprinttraining vorbereitet, dehnt sich anders als jemand, der nur gemütlich joggen möchte.

Wie du siehst, haben Läufer*innen sehr unterschiedliche Bedürfnisse.

Eine Dehnübung, die für deine Wadenzerrung gut ist, muss nicht zwangsläufig auch für jemand anderen sinnvoll sein. Außerdem können Dehnungen, die dir zum jetzigen Zeitpunkt helfen, in ein paar Wochen ungeeignet sein.

Unser Tipp

Mache keine Dehnübungen, wenn du nicht weißt, wie und warum. Wenn du nicht sicher bist, dehne lieber erstmal noch nicht. Besser gar nicht dehnen, als zum falschen Zeitpunkt oder auf die falsche Art.

Schlussfolgerung

Dieser Artikel zeigt, dass Dehnen nicht der einzige Weg ist, eine Wadenzerrung zu behandeln. Sinnvoller kann es sein, ein progressives Stärkungsprogramm durch eine Kombi aus exzentrischen Übungen und einem sehr individualisierten Dehnungskonzept zu ergänzen.

Unser Fazit

Zwei Tipps zum Dehnen bei Wadenzerrungen:
1
Nicht zu früh dehnen
Zu frühes oder falsches Dehnen kann Verletzungen wie Wadenzerrungen verschlimmern, und
2
Exzentrisches Training
Kombiniere dein Dehnen mit Krafttraining

Du suchst einen unkomplizierten Behandlungsplan mit klaren Anweisungen, mit dem du deine Wadenzerrung auskurieren kannst? Dann bist du bei uns genau richtig!

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Kim Van Deventer
Kim Van Deventer ist freiberufliche Autorin im Gesundheitswesen und Strategin für digitale Inhalte für Unternehmen im Gesundheitswesen und Agenturen für medizinische Inhalte. Sie hat mehr als 14 Jahre als Physiotherapeutin gearbeitet und sich auf die Rehabilitation von Sportverletzungen, die Behandlung chronischer Schmerzen und die Gesundheit von Frauen spezialisiert. Kim kombiniert ihre klinische Erfahrung mit ihren Fähigkeiten im digitalen Marketing, um relevante und hilfreiche Inhalte zu erstellen, die das Leben der Patienten verbessern.
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